Burkini-Streit: Lehrer verweigert die Anerkennung des Gerichtsurteils (12.11.2013)

Der Schwimmunterricht in einem sogenannten »Burkini« ist für muslimische Mädchen zumutbar, urteilte das Bundesverwaltungsgericht im September in Leipzig. Daher hätten sie keinen Anspruch auf eine Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht. Der Koordinator des Sportunterrichts am Graf-Stauffenberg-Gymnasium, Uwe Bolz, sieht das anders. Einen Verstoß gegen das Urteil würde er sogar aus guten Gründen hinnehmen.

Mit diesem Brief nimmt Peri e.V. Stellung zu den Vorgängen am Graf-Stauffenberg-Gymnasium, wie sie dem Internetauftritt der »Osnabrücker Zeitung« zu entnehmen sind.
 
Wir sind Menschen, die als Teil von »Peri - Verein für Menschenrechte und Integration« für die Rechte muslimischer Mädchen und Frauen eintreten. Dazu gehört ein aufklärerisches Hineinwirken in die Öffentlichkeit ebenso wie die Beratung und Betreuung von Muslimas, die unter Kopftuchzwang stehen, Opfer häuslicher Gewalt werden oder von Ehrenmord und Zwangsheirat bedroht sind. Peri e. V. versteht sich somit als feministisch-emanzipatorisch, humanistisch und antirassistisch. Es ist unser Anliegen, dass muslimische Mädchen und Frauen im Sinne des Grundgesetzes und der Menschenrechte ein freies und selbstbestimmtes Leben führen können, ungehindert von antimodernen »Wertvorstellungen« eines traditionellen Milieus, das seine weiblichen Mitglieder zu Züchtigkeit und Unterwürfigkeit erziehen möchte.
 
In dem Artikel »Muslimas in Osnabrück lehnen Burkini ab« (Osnabrücker Zeitung vom 11.11.2013) ist die Rede davon, dass der Koordinator des Sportunterrichts an Ihrem Gymnasium, Herr Uwe Bolz, »aus guten Gründen« einen Verstoß gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hinnehmen würde, wonach muslimische Schülerinnen am Schwimmunterricht teilnehmen müssen. Er habe vor, Muslimas nicht zum Schwimmerunterricht zu »zwingen«.
 
Wir sind mehr als befremdet, dass hier von einem (vermutlich verbeamteten) Lehrer ein offener Rechtsbruch in einer Zeitung angekündigt wird. Wir erwarten, wie es sicherlich auch die deutsche Öffentlichkeit tut, dass Richtersprüche an deutschen Schulen eine entsprechende Berücksichtigung finden. Wer sich durch eine Zustimmung zur Unterrichtsbefreiung der elterlichen Ansicht anschließt, dass es Mädchen nicht zumutbar ist, am schulischen Schwimmunterricht teilzunehmen, macht sich mit jenen frauenfeindlichen Strukturen gemein, die an veralteten Rollenbildern festhalten. Ihre Aufgabe als Bildungseinrichtung ist es, das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Gleichheit von Mann und Frau zu realisieren, und nicht, auf obskure, vermeintlich religiöse Vorstellungen Rücksicht zu nehmen - zulasten der Ihnen anvertrauten Schülerinnen. Diese Form von irregeleiteter »Toleranz« sollte an einer Schule weder vorgelebt noch praktiziert werden. Eine Nichtteilnahme am Schwimmunterricht stigmatisiert muslimische Mädchen als »anders«.
 
Im zitierten Zeitungsartikel heißt es auch, dass man an Ihrer Schule auf Dialog setzt. Wir möchten Ihnen daher gerne die Möglichkeit zu einer Stellungnahme geben und würden uns über ein Antwortschreiben freuen.

Inzwischen hat die Schule eine offizielle Stellungnahme abgegeben und rudert zurück. In dem Schreiben verteidigt sich die Schule und sucht die Schuld bei der Zeitung:  »Im Artikel der NOZ vom 12.11.2013 sind die Äußerungen von Herrn Bolz aus einem länger zurückliegenden Gespräch plakativ verkürzt und zusammenhanglos dargestellt worden.«

 

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Thomas Baader
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